Montag, Dezember 11, 2006, 00:22 - PRESSE
... ZEIT-Redakteurin (Katja Nicodemus) im Ferrari Scaglietti 612 durch Berlin-Kreuzberg fährt. (...) Und weil der Scaglietti 612 unvergleichlich ist, schockiert er besonders jene, die glauben, den Dicksten zu fahren. Auf einem Parkplatz in der Lietzenburger Straße, der auch als Sportwagentreff dient, werden zwei Porsche-Fahrer vom einfach so dastehenden Ferrari mit vollendeter Beiläufigkeit kastriert. Ohne es drauf anzulegen, nimmt er die Parade ab, überall und überall ein wenig anders. In Charlottenburg und Zehlendorf gibt es das ganz kurze Hin- und Weggucken des uneingestandenen Sozialneids. Im studentischen Friedrichshain Reste von Klassenkampf (»Dekadenzscheiße!«), in Neukölln offene Missgunst (»Luxusschlampe!«).
Wirklich zu sich, zum Leben und zu seiner Würdigung kommt der Scaglietti 612 erst im tiefsten Kreuzberg. Hier, zwischen Kottbusser Tor und Oberbaumbrücke, wo Jugendliche mit Fingern auf den Wagen zeigen, Zwölfjährige aufgeregt winken und sich alle über den Starbesuch freuen. Vor unserem Haus scharen sich schon nach einer Minute zehn türkische Kids um den Ferrari. Sie spielen mit der Lenkradschaltung und bestaunen die massiven Karbon-Keramik-Bremsen (...)
DIE ZEIT Nr. 47 vom 16.11.2006
sb_read_entry_btn
| Permalink