Donnerstag, April 13, 2006, 17:01 - DIALOGE
Heute im 12er-Bus – beim Seminar steige ich zu und setze mich neben einen sehr, wirklich sehr, sehr betagten Herrn. Weisse längere Haare, weisser wilder Bart, Hornbrille, wache Augen, das Weiss der Zähne ist einem gelblichen Farbton gewichen, leicht rundliche Konstitution, doch offenbar immer noch gut zu Fuss, der Anzug eindeutig nicht aus dieser Zeit – um die 80, 90 Jahre schätze ich den Herrn mal, mindestens… nach wenigen Minuten wendet er sich etwas überraschend an mich mit der Frage:-Na, waren Sie auch im Klee-Zentrum?
Neinnein, ich muss nur schnell im Stadtzentrum etwas besorgen; ich wohne hier in der Nähe.
-Ach so, ich dachte nur, weil …
Und Sie – hat das Klee-Zentrum Ihre Erwartungen erfüllt?
-Ah doch, ja – ich bin sehr beeindruckt. Ich komm’ zwar von weit her, aber ich bereue keine Minute. Ich wollte das noch unbedingt sehen.
Sie sind Deutscher, das hört man – aus dem Norden?
-Ich lebe seit langem in Rom.
Oh, schön – beneidenswert… und was machen Sie denn da, wenn ich fragen darf?
-Sie können ruhig fragen. Ich verbringe in Rom meinen Lebensabend, nachdem ich lange Zeit am dortigen Goethe-Institut gearbeitet habe. Wissen Sie, wo das ist?
Hmm – so viel ich weiss, ist das Schweizerische Institut ist nicht weit davon entfernt... Ich wollte mich dort bei beiden mal bewerben. Beim Pincio?
-Ich sehe, Sie kennen sich aus.
Auskennen – ich weiss nicht. Ich habe mal für einige Wochen meine Nizza-Wohnung mit einer Journalistin aus Rom getauscht, welche im Monteverde/Gianicolese-Gebiet wohnte. Davor und danach ein paar Kurz-Aufenthalte... Doch es sind jetzt bestimmt schon einige Jahre her seit dem letzten Mal.
-Dann sollten Sie aber wirklich mal wieder hingehen. Mir ist die Stadt ans Herz gewachsen; ich habe es jedenfalls nicht geschafft, mich von ihr zu verabschieden. Ich schreib’ jetzt noch an einem Buch; meinem letzten, sehr wahrscheinlich. Das Manuskript ist mehr oder weniger fertiggestellt; ein paar Seiten fehlen noch.
Spannend… – bitte entschuldigen Sie, aber ich muss hier leider aussteigen. Grüssen Sie mir Rom, und Ihnen wünsch’ ich alles Gute!
-Da, mein bescheidenes Kärtchen, falls Sie nächstens doch noch nach Rom fahren sollten. Ein kleiner Besuch freut mich immer. Aber beeilen Sie sich; Sie wissen: heute hier, morgen fort…