Fifi.  
Freitag, September 3, 2004, 00:43 - DIALOGE
-Liebst du mich?
-Sie druckste.
-Ich habe etwas gefragt..., beharrte er.
-Ich hab's gehört.
-Und?

Sie wollte nicht antworten. Nach einer Weile brachte Fred das Gespräch erneut auf das Thema.

-Würdest du sagen, dass du mich liebst?
-Was muss ich jetzt sagen?
-Du sollst etwas dazu sagen. Wozu sind wir zusammen, wenn du zu dem Kern der Angelegenheit nicht beiträgst...
-Aber sagen?
-Liebst du mich oder nicht?
-Dass ich dich NICHT liebe, würde ich ja nicht zugeben, so wie wir hier zusammen sind...
-Das ist keine Antwort. Ja oder nein?
-Eine klare Antwort?

Sie wollte Zeit gewinnen, schälte ihm einen Apfel und reichte ihm Stück für Stück. Die Frage lag ihr nicht.

-Liebst du mich? Sag?

Sie hätte ihn gern ironisch abgefertigt und überhörte die Frage, die durch Wiederholung zweifellos nicht gewann. Da er aber ernsthaft blieb, nach einer Antwort dringlich verlangte, äusserte sie sich so:

-Ich kann sagen, dass ich es lieber habe, wenn du da bist, als wenn du weg bist.
-Wo weg?
-Aus meiner Umgebung weg.
-Wie ein Hund?
-Von dem würde ich das so nicht sagen.
-Aber irgendwie anders? "Ich habe Fifi lieber da, als dass er weg wäre?"
-So ähnlich.

Fred war innerlich verletzt. Sie aber konnte sich nicht anders äussern. Auf eine Unwahrheit mehr oder weniger wäre es ihr in diesem Leben nicht angekommen. Aber das Wort ICH LIEBE DICH hat eine magische Qualität. Man kann es im Leben, dachte sie, nur EINMAL sagen, und bei dieser Gelegenheit würde ich - da ich ja gar nicht "man" bin, - fügte sie hinzu - sicherlich aus Aberglauben gar nichts sagen, schon um das bisschen Liebe, das es gibt, nicht zu verscheuchen.

(aus: Alexander Kluge, "Chronik der Gefühle, Band 1, S. 391. Suhrkamp)

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