Die Geschichte von Marie und Julien. 
Freitag, September 3, 2004, 21:02 - KINO & FILM & TV
Das, was das Kino von Jacques Rivette ausmacht: Das diskrete und doch seltsam glamouröse Licht. Die purpurnen Farben. Eine Tonspur, die den kleinsten Wind und jedes einzelne Blatt im Park zum Sprechen bringt. Und natürlich die grosse Zuneigung zu den Menschen und den Dingen. Am zartesten ist Rivette, wenn er Julien bei der Arbeit filmt, die sicheren Griffe, mit denen er die Mechanik einer riesigen alten Uhr betastet, an Rädchen dreht und im leisesten Ticken nach dem Fehler sucht. Oder wenn sich die Kamera in aller Gelassenheit auf eine Katze konzentriert. Mit vorsichtigen Schritten erkundet das Tier die Tiefen eines alten Chronometers. Manchmal sitzt es auch nur regungslos auf dem Küchentisch und schaut den Menschen bei ihrem seltsamen Treiben zu.
Vielleicht ist Rivette wie diese Katze. Auch er kann die Verschwörung des Lebens nicht durchschauen und tapst doch mit ungeheurer Grazie in ihr herum.
(Text: Katja Nicodemus, ZEIT Nr. 35/19.08.2004)

Der Kinoerzähler Jacques Rivette, unter Aufsicht des umtriebigen Nevermore.
(Bild: Flaxfilm, Süddeutsche Zeitung, 03.09.2004. Dazu auch noch gleich ein Interview mit dem als unzugänglich, verschlossen, asketisch und streng geltenden Filmemacher - das Image trügt: Ein wunderbarer Erzähler, ein magischer Beschwörer der Vergangenheit, des Kinos, der Stadt Paris).

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