Hotel Angst - hält auch andere auf Trab. 
Donnerstag, April 13, 2006, 17:31 - BÜCHER
Das Hotel Angst ist ein riesiger, alter Kasten, von Adolf Angst Ende des 19. Jahrhunderts in Bordighera an der italienischen Riviera erbaut. Der englische Adel feierte dort noch einmal sich selber. Das Hotel kündete von Pracht und Prunk einer untergehenden Epoche.

Düffel lässt einen Sohn nach dem Tod des Vaters auf die Suche gehen: nach eigenen Kindheits-Ferienerlebnissen in Bordighera, die er jetzt erst, nach dem Begräbnis, zu verstehen beginnt. Des Vaters Architekten-Traum vom Wiederaufbau scheiterte damals an seiner Kompromisslosigkeit. Die Wiederbelebung des Hotels als Seniorenresidenz – für ihn ein unvorstellbarer, unakzeptabler Abstieg in fade Durchschnittlichkeit. Doch warum schlug der superreiche Fechner, ein Lebemann und Vaters Freund, kein Geld aus dieser Idee?

Beim Recherchieren stößt der Sohn auf Romanskizzen des Vaters – akribisch arbeitete er nach dem Scheitern der Architektenpläne an seiner Fiktion, wie um das Hotel im Traum fortleben zu lassen.

Eine klar erzählte Geschichte, deren Subtext immer wieder das Zusammenwirken von Vergangenheit und Gegenwart, Traum und Wirklichkeit umkreist, und wie daraus der geheimnisvolle Stoff namens Leben entsteht.

„Er wollte, dass etwas bleibt“, sagt Fechner an einer Stelle, „doch auf der anderen Seite war er ein Perfektionist. Und das Vollkommenste ist immer das Nichts, die reine, unbefleckte Vorstellung.“ So stellt sich, auf eine sehr romantische Weise, auch die Frage nach dem Lebenserfolg ganz neu, die vordergründig so klar zugunsten Fechners ausschlägt. So wird „Hotel Angst“ unter der Hand zu einer wehmütigen Verteidigung der Fantasie. (Dierk Wolters, rhein-main.net)
John von Düffel: Hotel Angst.
DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln, 2006. ISBN-10: 3-8321-7957-7

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