Der Mann, der ich einmal war. 
Freitag, Oktober 6, 2006, 01:14 - BÜCHER
In der Literaturbeilage der ZEIT (Nr. 40, 28.09.2006) hat Fritz J. Raddatz eine so wunderbar-gewaltige Rezension über jeden Mann bzw. den Roman "Jedermann" verfasst, dass es wohl das erste Buch von Philip Roth sein wird, zu welchem ich mich hinreissen lasse.
Einige kleine Ausschnitte:

Grässlich schön. Lächelndes Leben, gruselnder Tod. Vom Verlöschen eines Mannes, der einst sportlich gestählt die Welt genoss, die biegsame Kraft seines Körpers, den Frauen – die er betrog – zugewandt, die drei Ehen als zerbrochene Scherben von Glück hinter sich; und nun noch eine Operation und noch eine Operation, der so langsame wie unaufhörliche Verfall. Eine erschütternde Variation des Themas Versinken im Nichts. (…)

(…) Der Protagonist, nun im Seniorenheim Malunterricht gebender Pensionär, spürt trotz allen Aufbäumens, wie sich das Lebensgewebe zum kalten Leintuch hin faltet, wie sein Lebensmuster verblasst. Es ist eine Gemächlichkeit zum Tode hin, mal Segeln, mal gegrillter Blaubarsch auf einer Terrasse über dem Meer, das es nun zu scheuen gilt, und mal der Blick auf Boote am Horizont. Ebenjene lügnerische Beschaulichkeit, die nur wegretuschiert. »Es war Zeit, sich über das Vergessenwerden Gedanken zu machen. (…)

(…) »Eben hochgemut im Mittelpunkt von allem, jetzt im Mittelpunkt von nichts.« (…)

(…) Da hat er jene andere Art des Verdorrens gezeichnet, der alte Nicht-mehr-Jogger, nachblickend einer appetitlichen Kindfrau, die mit der nichts bedeutenden Kessheit ihrer Jugend ihm seine Hose bauschende Wünsche hingaukelt. Und weg: Es war nicht mehr als das Lächeln, mit dem man freundlich einem alten Mann die Supermarkttür aufhält. »Das Alter ist kein Kampf. Das Alter ist ein Massaker.« (…)

(…) Es gibt die Geschichte Eines wieder, für den auch die Täuschung ihre Macht über ihn verloren hat: »Mein Gott, dachte er, der Mann, der ich einmal war.« (…)

Die vollständige Rezension steht hier.

Philip Roth: Jedermann. Roman; Hanser Verlag, München 2006.

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