Angebot des Marktes. 
Montag, Mai 2, 2005, 19:16 - SIZILIEN

Vucciria, Palermo, April 2005.
(...) Der Onkel hob anerkennend... 
Montag, Mai 2, 2005, 18:44 - BÜCHER
... sein Glas. Dann meinte er, sich selber, nämlich sein eigenes, das eigene empirische Subjekt, habe Kant niemals zu berühren gewagt, nicht einmal beim An- oder Ausziehen, das habe er Lampe überlassen, seinem Diener - der musste ihn morgens einkleiden, abends ausziehen, wie eine Mutter ihr Kind, von den Kniestrümpfen bis zur Perücke. Aber noch rigoroser als die Sittlichkeit, fuhr der Onkel fort, habe der Vernunftphilosoph die Pünktlichkeit betrieben, davon sei er förmlich besessen gewesen, was schliesslich dazu geführt habe, dass ausgerechnet Kant, die verstaubteste aller Geistesperücken des gesamten Bestandes, den (sehr leise:) Strumpfgürtel erfunden habe. Ob ich wüsste, was das sei?
Ja, hätte ich beinahe gesagt, von Mama, aber ich hielt es für klüger, höchstens die Braue ein wenig zu heben, natürlich die linke, man wusste ja nie, wann die Stark mit ihrem Strickzeug in die Höhle huschte, um klickend weiterzustricken.
Immanuel Kant, habe ich an diesem Abend vom Onkel erfahren, machte tagtäglich einen Spaziergang, tagtäglich den gleichen, stets im gleichen Tempo, stets zur gleichen Zeit, so dass halb Königsberg nach dem pünktlich vorbeispazierenden Vernunftphilosophen seine Uhr zu richten pflegte. Passierte er den Markt, war es Viertel nach drei, bog er in die Lutherstrasse ein, war es sieben Minuten vor halb vier, keine Sekunde später, keine früher. Einige Jahre ging alles gut - kam Kant um die Ecke, zückten die Königsberger ihre Taschenuhr und brachten die Zeiger auf den richtigen Stand. Aber sei es, dass die Kniestrümpfe vom vielen Waschen lascher geworden waren, sei es, dass Lampe, der ihn einkleidende Diener, in seinem Diensteifer nachgelassen hatte - eines Tages begannen die Strümpfe zu rutschen, nach unten rutschten sie, und wollte der Vernunftphilosoph verhindern, ausgerechnet von den eigenen Kniestrümpfen blossgestellt zu werden, musste er alle paar Schritte anhalten, musste sich bücken und die Kniestrümpfe bis zu den Hosenbeinen hochziehen. Die Folge? In ganz Königsberg geriet die Zeit durcheinander, und sogar die Kirchen, deren Geläute auf den Gang des Philosophen abgestimmt war, bimmelten in verwirrten Abständen hintereinanderher. Aber Kant war Philosoph, Vernunftphilosoph, er dachte nach, und schliesslich hat er das Problem gelöst. Ein Hüftgürtel mit Bändeln sollte ihm die Kniestrümpfe festhalten. Gedacht, getan. Was der Philosoph ertüftelt hatte, führte sein Diener aus, und siehe da: Es war ein Volltreffer. Das Ding erfüllte seinen Zweck. Fortan musste Lampe jeden Morgen das feindselige Gürtelchen um die Kantschen Hüften legen und die Kniestrümpfe an dessen Bändeln festschnallen. Alle waren zufrieden. Lampe, eine eher schlichte Variante, durfte sich für seine Nähkunst loben, der Vernunftphilosoph kam störungsfrei über die Runden, und in ganz Königsberg hat die Zeit wieder gestimmt.
So weit, so gut. Aber was sollte ich aus dieser Adnote lernen? (...)

Thomas Hürlimann: FRÄULEIN STARK. Ammann Verlag & Co., Zürich.
Les petits riens. 9. 
Montag, Mai 2, 2005, 18:05 - GEDACHTES
Les petits riens qui font du bien et qui ne coûtent rien...
Se souvenir - avant de s'endormir - d'un beau rêve en couleurs... pour essayer de rêver la suite.
So muss das jetzt sein. 
Samstag, April 30, 2005, 13:39 - GEDACHTES
Wärme. Fliederduft. Magnolienpracht. Glyzinienexplosionen.
Zeitungsstapel. Bücherberge. Sichversenken. Dösen. Wohlig schnurren.
Oder auch:
Sell in May
and go away...

Mademoiselle, cet après-midi, dans le jardin.
Vom Aufblühen des Nadelbaumes. 
Freitag, April 29, 2005, 17:27 - DIALOGE
Zelebrant: Ich frage euch, Glyzinie&Nadelbaum: Seid ihr hierhergekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss euch hier für immer zu verwurzeln und den Bund der Ehe zu schliessen?
Glyzinie&Nadelbaum: Ja.
Zelebrant: Wollt ihr euch gegenseitg lieben und achten und euch die Treue halten alle Tage eures Lebens?
Glyzinie&Nadelbaum: Ja.
Zelebrant: So schliesst jetzt vor allen hier Versammelten den Bund der Ehe, indem ihr das Vermählungswort sprecht. Dann umschlingt euch in ewiger Treue.
Glyzinie&Nadelbaum: Vor allen Versammelten hier nehmen wir uns an als Mann und Frau. Wir versprechen uns Treue in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet. Wir wollen uns lieben, achten und ehren alle Tage unseres Lebens.

Cimitero di Sant' Orsola, Palermo, April 2005.
Musicnight. 
Donnerstag, April 28, 2005, 20:54 - MUSIK
Samstag, 30. April, Schweizer Fernsehen.
SF 2, 22:35 Uhr (mit Wiederholung um 01:55 Uhr): Aufzeichnung vom Konzert aus der Mühle Hunziken.
Georg Ringsgwandl.
Auf die Vorspeisenplatte damit. 
Donnerstag, April 28, 2005, 14:41 - SIZILIEN
So wie der Geschmack der Artischocken ist auch derjenige des Fenchels einzigartig - man mag ihn, oder man mag ihn nicht. Ich liebe ihn.
Als ich letztes Jahr im Norden Siziliens im Anschluss an die Besichtigung einer Liegenschaft (im Auftrag!) von den Besitzern zu einem Essen eingeladen wurde, bekam ich unter anderem kleine Bratwürstchen vorgesetzt, die mich sogleich in den siebten Himmel abheben liessen: Das (Schweine-)Fleisch der Würste war durchsetzt mit Fenchel - nie hatte ich bisher etwas Ähnliches gekostet - eine geschmacklich absolut göttliche Kombination! Später entdeckt: Salami, mit Fenchel!
Überhaupt, wenn ich mir die Auslagen der palermitanischen Fleischer so angesehen habe, dann lief mir immer gleich das Wasser im Mund zusammen (das passiert mir in Bern normalerweise eigentlich nicht) - was die alles mit dem Fleisch anstellen, wie sie es auch fürs Auge appetitlich aufzubereiten wissen und in vielfältigsten Formen und Variationen und Farben präsentieren - der relativ mässig Fleisch konsumierende a.more.s würde, mit einfach mal so angenommenem Dauerwohnsitz in Palermo (in einem kleinen Appartement ums Eck, mit schöner Küche) wohl einige seiner Essgewohnheiten ziemlich nachhaltig ändern...

Palermo, April 2005.
Geniale Kürze. 
Donnerstag, April 28, 2005, 14:01 - BÜCHER
Biographie

Im Wasser geschlafen,
nach Luft gerungen,
ins Feuer gesprungen,
heimgekehrt in die Erde.

Erika Burkart, "Schweigeminute". Ammann Verlag.
Keine geordneten Markthallen. 
Mittwoch, April 27, 2005, 20:38 - SIZILIEN
Nicht auf einen Platz beschränkte Stände. Palermos Märkte sind anders. Wie orientalische Souks sind ganze Strassenzüge mit Ständen und Geschäften durchzogen. Der Ballarò und die Vucciria sind wohl die beiden bekanntesten und werden mit Sicherheit in jedem Reiseführer erwähnt. Doch jedes alte Viertel hat seinen eigenen Markt. Und mein Herz gehört ganz besonders diesen kleinen, unbekannten, weil es die Märkte der Anwohner sind, sie gehören ihnen, und die Palermitaner sind weitgehend unter sich.

Die Stände sind dicht gedrängt, die Balken der Tische biegen sich unter der Last der angebotenen Waren, unter den Bergen von Gemüsen und Früchten - und hier erschallen sie noch, die Rufe und Gesänge der sich konkurrierenden Händler.

Die Rufe und Sprechgesänge sind eine Lobpreisung des Produktes: Wie unvergleichlich diese Erdbeeren sind, woher sie kommen, wer sie verkauft, und natürlich wird der Preis gleich mitgesungen.


"Schöne, schönste Artischocken, Artischocken von Ciccio, Artischocken von Alcamo..."

"Aber meine sind etwas grösser und aus heimischen Gärten, und einige Cent billiger..."

Die Photos stammen alle vom "kleinen" und überaus lebhaften Markt bei der Porta di Vicari (Corso Tukory, unweit des Hauptbahnhofs).

Volltreffer. 
Montag, April 25, 2005, 18:03 - ESSEN & TRINKEN
Das hatte mir heute gerade noch gefehlt.
Unterwegs, mitten in der Stadt - ein Schlücklein Kaffee, am Ende eines anstrengenden Tages - zu ungeduldig, um die zehn Minütchen Heimweg abzuwarten, bis ich mir zu Hause selber einen zubereiten konnte.
Schnell in Gedanken die zwei, drei mir zusagenden Kaffee-Örtlichkeiten durchgegangen - hatte mir nicht neulich mein guter Nachbar einen heissen Tipp gegeben?
Nichts wie hin. Lag eh gleich am Weg.
Kein Wunder, hatte ich diese Bar bisher noch nicht selber entdeckt - wenn man nicht weiss, wo sie sich befindet, dann sieht man sie kaum. So unscheinbar von aussen!
Drinnen: Boaahh. Klein! Sehr klein! Schön. Wunderschön! Einfach Chromstahl und schwarz und Glas, ein klassisch-unaufdringliches Interieur, mit angekündigten Spezialitäten (um die ich mich ein andermal eingehender kümmern werde) "in der typischen Tradition der alta Caffetteria italiana". Und ein Barista aus dem Bilderbuch. Salve!
Vom Kaffee brauchte ich EIN Tässchen zu trinken, um zu wissen: Mit Bestimmtheit der beste weit und breit! Und soeben aus der mass-gebenden Palermo-Schule zurück, fühle ich mich durchaus berufen, mir auf mein Urteilsvermögen in dieser Angelegenheit etwas einzubilden.

Die Photos, welche die Brüder Inor und Telemaco Cesari für ihre Einladungskarten zur Eröffnung im Februar verwendeten, werde ich mir noch erklären lassen. Ein Auschnitt des Hochzeitsbildes ist gross als Wandbild links neben der Theke aufgezogen.

CESARY - BAR E PIADINA. Kornhausplatz 11, Bern.

<<nav_first <Zurück | 397 | 398 | 399 | 400 | 401 | 402 | 403 | 404 | 405 | 406 | Weiter> nav_last>>