Ohne Klang und Wort... 
Dienstag, März 7, 2006, 23:44 - BÜCHER
Ich mache meinen Gang;
der führt ein Stückchen weit
und heim; dann ohne Klang
und Wort bin ich beiseit.

Robert Walser: Die Gedichte. Suhrkamp Taschenbuch.
Sie sägten... 
Dienstag, Februar 28, 2006, 21:16 - BÜCHER
... die Äste ab, auf denen sie sassen
Und schrieen sich zu ihre Erfahrungen,
Wie man schneller sägen könnte, und fuhren
Mit Krachen in die Tiefe. und die ihnen zusahen,
Schüttelten die Köpfe beim Sägen und
Sägten weiter.

B. Brecht
"Ein Mann... 
Dienstag, Februar 28, 2006, 21:09 - BÜCHER
... der mich nicht liebt, ist mir ein Rätsel."
Marina Zwetajewa über die Liebe (aus den Tagebüchern).
Warum heisst bloss... 
Montag, Februar 27, 2006, 23:30 - BÜCHER
... das Eichhorn „Eichhorn“?
Denn weder hinten, geschweige vorn
hat es ein Horn oder dergleichen,
auch sieht man es nicht nur auf Eichen.
Ein Wort erscheint und tritt in Kraft,
sein Sinn jedoch bleibt schleierhaft.

So lässt mich noch etwas nicht ruhn:
Was hat der Mensch mit „Mensch“ zu tun?

(Heinz Ehrhardt)

Hell und Schnell. 555 komische Gedichte aus 5 Jahrhunderten; hrsg. von Robert Gernhardt und Klaus Cäsar Zehrer; S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2004. ISBN 3-10-025505-4
Und ging. 
Freitag, Februar 24, 2006, 14:41 - BÜCHER
Er schwenkte leise seinen Hut
und ging, heisst es vom Wandersmann.
Er riss die Blätter von dem Baum
und ging, heisst es vom rauhen Herbst.
Sie teilte lächelnd Gnaden aus
und ging, heisst’s von der Majestät.
Es klopfte nächtlich an die Tür
Und ging, heisst es vom Herzeleid.
Er zeigte weinend auf sein Herz
und ging, heisst es vom armen Mann.

Robert Walser: Die Gedichte. Suhrkamp Taschenbuch.

„Wie ich zum Dichten kam, weiss ich selber nicht recht. Ich las Gedichte, und da fiel mir ein, selbst welche zu schreiben. Das gab sich, wie sich sonst etwas gibt. Ich habe mich oft gefragt, wie es anfing. Nun, es fing mit einem Zipfelchen an und nahm mich fort. Kaum wusste ich, was ich tat. Ich dichtete aus einem Gemisch von hellgoldenen Aussichten und ängstlicher Aussichtslosigkeit, war immer halb in Angst, halb in einem beinah übersprudelnden Frohlocken“.
Einem in der dritten Person abgefassten „Lebenslauf“ ist zu entnehmen, Walser habe in Zürich Gedichte geschrieben, „wobei zu sagen ist, dass er dies nicht nebenbei tat, sondern sich zu diesem Zwecke jedes Mal zuerst stellenlos machte, was offenbar im Glauben geschah, die Kunst sei etwas Grosses“.
"Ich zögere... 
Dienstag, Februar 21, 2006, 17:16 - BÜCHER
...diesem fremden Gefühl, dessen sanfter Schmerz mich bedrückt, seinen schönen und ernsten Namen zu geben: Traurigkeit… Ich kannte das Gefühl nicht; ich hatte Kummer empfunden, Bedauern und manchmal Reue. Jetzt hüllt mich etwas ein wie Seide, weich und ermattend."

« Sur ce sentiment inconnu dont l’ennui, la douceur m’obsèdent, j’hésite à apposer le nom, le beau nom grave de tristesse. C’est un sentiment si complet, si égoïste que j’en ai presque honte alors que la tristesse m’a toujours paru honorable. Je ne la connaissais pas, elle, mais l’ennui, le regret, plus rarement le remords. Aujourd’hui, quelque chose se replie sur moi comme une soie, énervante et douce, et me sépare des autres. »

« […] quand je suis dans mon lit, à l’aube, avec le bruit des voitures dans Paris, ma mémoire parfois me trahit : l’été revient et tous ces souvenirs. Anne, Anne ! Je répète ce nom très bas et très longtemps dans le noir. Quelque chose monte alors en moi que j’accueille par son nom, les yeux fermés : Bonjour Tristesse. »
Wenn immer möglich... 
Samstag, Februar 18, 2006, 22:59 - BÜCHER
... höre ich Rafik Schami lieber zu als ihn zu lesen. Er ist ein wirklich begnadeter Erzähler. Leider kommt er nur noch sehr selten nach Bern.

Hörprobe 1 (mp3)
Hörprobe 2 (mp3)
Beide Hörproben aus: "Die dunkle Seite der Liebe".
Seiltänzer. 
Dienstag, Februar 14, 2006, 19:28 - BÜCHER
Ich ging auf einem Seil dahin
Mir schien es eine Strasse
mit frohem Mut und heitrem Sinn:
Ich bin auf guter Strasse!

Was dann geschah? Ich weiss es nicht
Wuchs ich? Verging die Strasse?
Die Jahre änderten die Sicht:
Doch reichlich eng, die Strasse!

Auf schmalem Steg geht’s nicht so gut
Ist der noch eine Strasse?
Bei jedem Schritt sinkt mir der Mut:
Das ist doch keine Strasse!

Ich geh auf einem Seil dahin
Das wird nie wieder Strasse
Wirkt wie ein Faden licht und dünn
Wann lieg ich auf der Nase?

Robert Gernhardt: Gesammelte Gedichte.
Sonntagmorgen. 
Sonntag, Februar 12, 2006, 11:19 - BÜCHER
Wie immer am Sonntag - es gäbe so viel Arbeit, so viel zu tun...
Der Wecker weckt zwar pünktlich. Weckt sonntäglich früh. Weckt um 7 Uhr.
Doch irgend eine innere Stimme säuselt: Es ist Sonntag; es ist Sonntag; du kannst zwar, aber du musst nicht; alles lässt sich auch später erledigen.
Das beruhigt enorm.
So wird es regelmässig zehn, elf Uhr.
Ob wohl heute der Frühling...? Ein kurzer Blick aus dem Fenster:

Sitzbank im Schnee - sehr symbolisch; na ja; warten wir eben noch etwas zu.
Lesen. Bad. Kaffee. Lesen. Kaffeegeschichten lesen...

... das ist schön, dass du kommst, du bist ja mein einziger Lichtblick, sagt sie, und schon treten ihr Tränen in die Augen: weisst', immer denke ich jetzt ans Heimgehen, wenn ich doch nur heimgehen könnte... Aber wo denkst du hin, hast du Schwierigkeiten, hast du keinen Kaffee, frage ich munter, und nun kommt sie bald mit einer Kanne Kaffees daher, der riecht oder schmeckt aber seltsam, sage ich leider und bereue es gleich, denn schon kommt so etwas wie Trotz oder Zorn hoch, und sie stiefelt zur Küche, um mir die Dose zu zeigen, Nescafé, mein Gott, und gleich kübelweise angemacht, ist das das Alter, denke ich, denn früher war Mutter geradezu stolz auf ihren Kaffee. (...) Im steingrauen Zimmer sitze ich meinem verstummten Mütterchen gegenüber, nehme von den staubigen Bisquits, trinke den fadlauen aufgelösten Nescafé aus den schönen alten Tassen, englischen schwarzen mit goldenem Dekor...

Ausschnitt aus "Das Jahr der Liebe" von Paul Nizon - einem ursprünglich aus Bern stammenden Schriftsteller, der seit 1977 in Paris lebt, wo er sich seither dem Flanieren, der Huldigung der Stadt und der Liebe ergeben hat. Rezensenten sagen ihm nach, ...dass es drei Obsessionen in seinem mit typischem Künstlernarzissmus geschlagenen Leben gebe: ihn selbst, sein Schreiben, die Frauen - hemmungslos auf die eigene Person und die eigene Wahrnehmung fokussiert... eine eigenartige "Kombination von Melancholie und Geilheit", usw.

Gefällt mir. Gefällt mir sehr. Ich mag seine Sprache ausserordentlich. Kann davon im Moment nicht genug bekommen.

An die Arbeit jetzt!
Das Buch... 
Samstag, Januar 28, 2006, 22:33 - BÜCHER
...ist nicht eigentlich besonders empfehlenswert; d.h. es enthält praktisch nichts, was "man" nicht ohnehin bereits wüsste. Doch eine kleine Passage fand ich trotzdem äusserst be-merkens-wert:
Einmal nennt Edo Reents (im Zusammenhang mit "out on the week-end" aus HARVEST) Youngs Stimme „goldgelb“ – das hat mich dann doch ziemlich umgehauen. Weil die Farbe so sehr passt.
Manchmal reicht ein einziges Wort, um alles zu sagen.
Da muss man gar nicht erst ein ganzes Buch schreiben bzw. lesen wollen.

Edo Reents: Neil Young. Rowohlt Berlin Verlag. ISBN 3-871-34519-9

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