"Da ich mein Leben lang... 
Donnerstag, April 19, 2007, 16:07 - PARIS
... ein Liebhaber von Friedhöfen gewesen bin und weiss, dass Beckett sie auch sehr mag ('Erste Liebe' setzt mit der Beschreibung des Hamburger Friedhofs ein), erzählte ich ihm, als wir uns...

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... letzten Winter in der Avenue de l’Observatoire trafen, von einem Spaziergang, den ich kürzlich auf dem Père-Lachaise gemacht hatte, und wie überaus empört ich gewesen war, als ich nicht den Namen von Proust auf der Liste der dort beigesetzten Persönlichkeiten gefunden hatte. (…)

Textausschnitt aus: E. M. Cioran, "Widersprüchliche Konturen".

Da auch ich mein Leben lang...:
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Cimetière Montparnasse - Zufallsbegegnung; je ne savais pas...

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So so. Paris dann... 
Mittwoch, April 18, 2007, 22:14 - PARIS
... wieder einmal.
Wie immer: gleich nach der Ankunft ein paar Austern geschlürft, einen Muscadet gekippt – und die Welt ist wieder schwer in Ordnung (was sie eigentlich genau genommen vorher auch schon war…).
Schnell das Gepäck abgeladen; danach gleich durchs "heimatliche" Quartier gekurvt – wär’ ich ein Hund, würde man es wohl „Duftmarken setzen“ nennen.
Ich bin wieder da.
Zum wohl siebzehnten Mal; ungefähr; grob überschlagen.
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Ungewöhnlich warme Tage.
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Stundenlang, kilometerlang meist planlos-ziellos herumgewandert.
Glück für mich, dass der italienische Clan Nachsicht übt und mich eigene Wege gehen lässt.
Die Idee des Glücks in Paris ist (für mich) unzertrennlich von der von langen, einsamen Spaziergängen, nur mit Buch, Photoapparat, Stadtplan, Moleskine, den eigenen Gedanken und – genügend Euros in der Tasche.
Paris kostet, auch im Kleinen.
L' homme qui marche... muss trotzdem seit Jahren zum ersten Mal wieder Metrotickets erwerben, um zwischenhinein an kurzfristig per sms einberufenen Lagebesprechungen teilzunehmen, oder zum gemeinsamen Essen.
A propos Essen: Himmlisches Millefeuille (von Pierre Hermé) in der Brasserie LIPP; köstlich meistens das Eis von Berthillon – obwohl: beide sind längst keine Geheimtipps mehr; inflationäre Vermarktung; jedes Lokal, das etwas auf sich hält, hat irgendwas von Hermé oder Berthillon im Kasten.
Man weiss, wie man die Fliegen anlockt.
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Ne vous fiez pas... 
Freitag, April 13, 2007, 06:01 - PARIS
... à la simple devanture un peu triste et presque anodine. Le chef connaît parfaitement son metier. Ici, si l’acceuil est adorable, point de longs discours ni de phrases marketées mais du vrai, du sûr et le plus souvent de l’exeptionnel.
Si vous habitez le quartier, vous êtes vraiment chanceux, sinon la maison mérite plus qu’un détour.
Vir quitter den banoff... 
Donnerstag, April 12, 2007, 19:58 - PARIS
... om 14 heures mit eim goûten gévissen ound avec un bon verre im baouch. Im hôtel wird der plaisir noch greusseur sein, die amis de l’Italie sind schôn langue gemutlisch installées. Im zoug var cain place mère, desvegen sind sie mit dem flougzeug gecommên. Dort var zwar aouch fast cain place mère, âbère dâ var zoum gluck etwâs gluck dabâï.
Draoûssen est es total obscure, ound eine moite taxi-chauffeurs prugelent sich om die raire passagers. Es est zimlisch laoût, und dann vird es noch laoûtair und bountair.
Normalement fairlangent die chauffeurs de taxi 6 heuros für eine fart ins centre-ville. Daire airste chauffeur veiss nisch, dass isch das veiss und fairlangt fur die fart 12 heuros. Oh la-la… air ist genaoûseaux ein auslaindeur vie vir ound beândèlt ouns wie auslaindeur… mon dieu! Âbère da commên jaune andré chauffeurs angérante, und vir nêmen eine, bei dem vir ouns nischt oûsgeraoûbt fulaine …
Vir begeben uns zour Place de l'Irgendwas - die ganse population de la ville scheint draoûssen zou sein. Il fait beau temps – le printemps est arrivé, enfin!
Es chaoût goût aoûs…

(geschrieben in sehr starker Anlehnung an Zé do Rock)
Türstaffeln? 
Sonntag, März 25, 2007, 22:58 - WIEN
Google. Voilà. In 0,000000356 s.
Ergänzend: Marillen, Topfen, Karfiol... in der NZZ vom 16. März 2007.
Marillenmarzipan. 
Sonntag, März 25, 2007, 11:54 - WIEN
MARILLEN. Betörend-schöner Ausdruck.

Es dauerte aber mindestens zwei Wochen (ich war da schon längst wieder zurück in Bern), bis ich herausfand, was MARILLEN sind.

(...dabei hätte ich auf der Verpackung bloss die englische Übersetzung lesen sollen... ts, ts, ts!)
Wien vorläufig vollständig. 
Freitag, Februar 16, 2007, 13:27 - WIEN
Mit dem gestrigen Datum ist nun doch auch endlich der Tiger Jussuf eingetroffen (der hatte in Wien für einen kleinen magischen Moment gesorgt).

der tiger jussuf

"Der Tiger Jussuf". Von Günter Eich. Mit Guido Wieland, Ernst Meister, Erika Pluhar, Oskar Wegrostek, Lilli Stepanek, Karl Fochler, Renate Körber-Straub, Erich Auer, Adolf Ario, Hilde Antensteiner, Rotraut Ziffer und Edi Brosch-Shorp.
Produktion ORF Wien, 1967.
Am 30.01.2007 auf Ö1 im Hörspiel-Studio zum 100. Geburtstag von Günter Eich ausgestrahlt - und ich per Zufall mit dabei.

Ein entsprungener Zirkustiger erzählt von seinen Wandlungen und Verwandlungen unter den Menschen. Er befindet sich in tiefem Zweifel über die eigene Identität, da er doch jedesmal die Natur derer annahm, die er frass oder in die er sich magisch hineinversetzte.
Nicht genug damit, wird seine Krise noch verschärft durch diverse Eigenschaften der Menschen: Die Bestie spricht gleichzeitig aus verschiedenen Mündern, und so herrscht an Irrungen und Wirrungen kein Mangel.
"Verbringen Sie das Wochenende... 
Mittwoch, Februar 7, 2007, 21:53 - WIEN
... mal wieder in einer anderen Stadt - zum Beispiel in Wien, ab Zürich für CHF 199.-. Jetzt buchen!"

SWISS-Newsletter, heute in meiner mailbox.
Gerne; ich werd' dran denken (ich weiss auch schon ungefähr wann!) - aber im Moment ist da weder Zeit noch Geld.

Mich heute dabei ertappt, wie ich in einem Gespräch die Wiener U-Bahn über alle Massen gelobt habe. Benutzte vor allem die U1 und die U3 - ist schon wirklich ein toller Service, der da geboten wird.

„Danke fürs U-Bahn fahren; Danke für 50 t weniger Feinstaub; Feinstaub ist dein Staub.“

Bei aller Sympathie: Die 50 Tonnen weniger Feinstaub möchte ich mit Blick auf Wiens Strassenverkehr doch sehr bezweifeln; offensichtlich ist es nicht nur ein in der Schweiz weit verbreiteter, fataler und unausrottbarer Trugschluss der Verkehrsplaner, die Gleichung aufzustellen:
"Ausbau des ÖV = mehr ÖV-Passagiere = Abnahme des Strassenverkehrs, der Abgase, des Feinstaubs!"

Augenwischerei, leider; eine kolossale Ungleichung.

Abnahme von Strassenverkehr und Feinstaub in Städten funktioniert nur restriktiv.
Wieso glaubt mir das niemand?

Nur wenn im gleichen Ausmass zum Ausbau des ÖV das Strassenangebot reduziert, d.h. Strassen mit Fahrverboten belegt, Strassen/Parkplätze/Parkhäuser aufgehoben bzw. anderweitig genutzt bzw. in Wiesen verwandelt werden – ja, dann mag die Gleichung schon eher aufgehen.
Wenn Autofahrer an der Peripherie der Grossstädte gezwungen werden, ihre Fahrzeuge stehen zu lassen und auf ein wirklich hoch effizientes ÖV-Transportsystem umzusteigen – ja, dann!

Doch Wiens übervolle Strassen beweisen auch hier (und einmal mehr):
Mögen noch so viele Menschen auf U- und S-Bahnen abwandern – die markanten Lücken der Umsteiger und Verzichter sucht man auf den Strassen umsonst - leise, blitzschnell, praktisch unmerklich werden sie von neuen Nutzniessern geschlossen.

Weiss der Kuckuck, woher die immer kommen.
Hydra-Prinzip.
Zu all dem bisherigen Missgeschick... 
Freitag, Februar 2, 2007, 00:13 - WIEN
... gesellt sich gleich ein neues:
Per Zufall verschlägt es mich in mein erstes Wiener Kaffeehaus: ins DIGLAS.
Erhebliche Konsternation.
Zuvorkommende, freundliche Bedienung - ja, sicher.
Suppe, Mehlspeise, Kaffee - ohne Tadel, bestimmt.
Doch sonst - beliebige irgendwo-und-überall-Gewöhnlichkeit.
Und das, denke ich, soll die viel gerühmte, spezielle Wiener Kaffeehaus-Atmosphäre sein?!
Verzweiflung macht sich breit.
Wieso mag (m)ich Wien nicht?

Doch am nächsten Tag - nach dem Schneesturm und noch vor dem Orkan "Olli" - wird plötzlich alles, alles gut; sehr gut sogar.
Meine erste Wien-Offenbarung.
Eine Oase.
Das Jelinek.
In Wien-Gumpendorf, im sechsten Bezirk.
"Wer's eilig hat, wird nicht bedient."
Ich bleibe stundenlang.
Und komme täglich wieder.

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Im Jelinek - "... wo die Gelassenheit ein Quartier gefunden hat."
(...) Einer der größten Schwätzer, der Philosoph Peter Sloterdijk, fliegt eigens nach Wien, nicht zu einem "künstlerischen Abendessen in der Gentzgasse" (Thomas Bernhard), aber zu einem "philosophischen Mittagstisch" beim österreichischen Bundeskanzler und seiner Ministerin, vormals Handarbeitslehrerin, die zugibt, von Sloterdijks verbalen Sturzbächen kein Wort zu verstehen. So plappert der Wanderprediger Sloterdijk vor sich hin: ein Weltendeuter und Segen spendender Friseur, dessen auswechselbare Sprachblasen (seine dicken Bücher heißen auch "Blasen", "Sphären", "Globen") kein Ende nehmen. "Bin noch immer positiv", rief meine Schwester aus dem Glaspavillon der Kinderklinik, als sie Diphtherie hatte und nicht entlassen werden konnte. Sloterdijk käme nie aus der hellen, angenehmen Kinderinfektionsstation heraus, denn er ist unglaublich positiv. Wie eine Schwangere im Endstadium, wo häufig Euphorien einsetzen.

Einer seiner Leser taucht mit diesen fetten Buchschwarten regelmäßig im Café Jelinek auf: ein auf Proselytensuche umherirrender Lebens- und Lavendeltee-Preiser, der sich "an jedem Ort der Welt" wohl fühlt, "mit Abstrichen vielleicht in Rumänien", eine Art männliche Marilies Flemming; er beugt sich über jede Nische im Café, raucht und redet und verdirbt die Gelassenheit, die hier in Gumpendorf ein Quartier gefunden hat. Seine Überfälle sind wahllos, wie bei einem Krokodil: Man ist nicht gemeint, landet aber doch in seinem Rachen. (...)

Aus dem schmalen Buch mit dem goldenen Schutzumschlag
(aussen Gold - innen jede Seite p.u.r.e.s Gold):
Ilse Aichinger: Subtexte. Edition Korrespondenzen, Wien 2006. ISBN-10: 3-902113-46-4.

Passende, himmlische Textzugabe:
Die Dioskuren aus Gumpendorf.
-Entspanntes, komfortables Reisen. 
Donnerstag, Februar 1, 2007, 23:27 - WIEN
-Kleines Frühstück.
-Handtuch und Seife, Mineralwasser z. Verfügung.
-Betreuung während der Fahrt.
-Einsparung einer Hotelübernachtung.
-Bereits am frühen Morgen ausgeruht am Reiseziel.

So die EURONIGHT-Versprechungen der Bahn, denen ich erlag.
Zum ersten und letzten Mal.
Die Wirklichkeit (in einem Viererabteil; kleinere Abteile kosten ein Vermögen):

-Enger, knapper gehts wohl nicht; klaustrophobische Zustände.
-Gepäck/Kleider müssen z.T. auf dem Bett abgelegt werden - wo denn sonst?
-Von unten: das ratternde Geräusch der Räder auf den Schienen.
-Von oben: das Dröhnen der Klimaanlage.
-Von links: das ständige Auf und Zu der Toilettentüre.
-Zugabe von links: das durchdringende Geräusch der Hochdruckspülung.
-Zugabe von oben: sporadisch herunterfallende Utensilien oder Kleidungsstücke eines Mitreisenden.
-Von tief innen: der Wunsch nach einer Gefängniszelle - Luxus wohl! Und erst noch umsonst!

Bei der Ankunft am frühen Morgen in Wien, Westbahnhof: Völlig gerädert; durch die Klimaanlage irgend einen Virus eingefangen - trockener Hals, Kopfschmerzen, Husten, Erkältungssymptome.
Was ich noch nicht weiss: Am Nachmittag werde ich am Stadtrand von Wien mitten in einen heftigen Schneesturm geraten. Und bald darauf wird "Olli" über Wien hereinbrechen: Etwas schwächer als "Kyrill" zwar, aber grössere Schäden anrichtend...

Mein allererster Wien-Besuch hätte kaum weniger verheissungsvoll beginnen können.

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