... üblich ist, dass man sich über Baustellen und den entsprechenden Lärm am Feriendomizil beklagen bzw. sogar (mit Aussicht auf Erfolg) Klage auf Schadenersatz einreichen kann: In Island gilt das wahrscheinlich nicht. Die drei Sommermonate sind - besonders an abgelegenen Orten - die einzige Möglichkeit, überhaupt baulich tätig zu sein. Hier ist im Moment für etwa einen Monat lang der ganze grosse Balkon ganz einfach durch Gerüste besetzt.
Dass keiner es wage, da zu reklamieren.
Passiert in der Regel auch nicht.

... und Weiss gedacht: Eigentlich ganz passend zum heutigen Schweizerischen Nationalfeiertag.
Unpassend lediglich: die Landesabwesenheit - und: ein Arbeitstag wie jeder andere.

... frühmorgens mit einem schnellen Versorgungsboot in abgelegenste Gebiete zu fahren.
In Gebiete, die mit keinem Auto zu erreichen sind - denn da, wo das Versorgungsboot ablegt, enden alle Strassen.



Gestaunt, wie viel Leben da ist - wie viele Menschen ("viel" immer sehr, sehr relativ gesehen) hier die Sommermonate auf ihren einsamen Höfen verbringen. Und dass es Menschen gibt, die mit GPS, Funkgeräten und Sack & Pack ausgerüstet diese gottverlassenen Gegenden tage-, wenn nicht wochenlang zu Fuss durchwandern - alle von Zeit zu Zeit abhängig von diesem Versorgungsboot.





Etwa zwei Stunden vor der Ankunft am Ausgangspunkt beschliessen die beiden Bootsführer: "Let's have a break here. We usually never take a break on our tour, but it's such a beautiful day today. One hour!" Vertäuen das Boot und stapfen wortlos landeinwärts.
Was soll man da - hinterher.
Nach etwa 15 Minuten ein Anblick, der paradiesischer nicht sein könnte nach so einem langen Tag. Vom Wasser aus nicht zu sehen - mitten im Niemandsland, zu Füssen des Drangagletschers - aus "one hour" werden dann "almost two hours" ...



Zurück gegen Abend; gewaltige Strecken zurückgelegt.

... erhöhen die Ortskenntnis.

Abwechslungen bzw.Überraschungen der besonderen Art - Kristjana Helgadóttirs kurzfristig-kurzentschlossener Auftritt in einem der alten Fischtanks.





Oder dann das - und dies aus dem Munde eines absoluten Nicht-Fussballfans! - wirklich e-x-q-u-i-s-i-t-e Fussballspiel in Drangsnes.
Der Ball, der dauernd den Abhang in Richtung Fjord kullert und entweder von einem Zuschauer oder einem der Fussballspieler geholt werden muss, damit das Spiel fortgesetzt werden kann.
Sehr unterhaltend.
Und dies in einem durchaus ernsthaften Spiel der laufenden isländischen Fussballmeisterschaft.

Leitern holen.
Gerüst aufbauen.
Grundierfarbe bereitstellen.
Das weisslich-grau verzinkte Wellblech rot grundieren.
In einem zweiten Umgang das satte Rot auftragen - Farbe von einer Qualität, die man sonst normalerweise nur für Schiffe verwendet.
Wenn alles fertig ist - Beginn von vorne: zweite Farbschicht auftragen.
Falls nötig, eine dritte Schicht.

Arbeitszeit: Täglich von 11 - ca 18 Uhr.

A night with a view - by Christian Schloe

... wasn't reason enough to take a drive to the Westfjords, you now have another [excuse].

... das grosse Warten auf einige aufeinanderfolgende trockene Tage.
Dann wird es heissen: Alle ran an die Farbkübel und Pinsel - die Gebäudehüllen benötigen dringend eine neue Schutzschicht.

... Gedächtnis sagt: So war es. Der Stolz sagt: So kann es gewesen sein. - Endlich gibt das Gedächtnis nach.

Zu Beginn unseres Lebens träumen wir von der Zukunft, dann leben wir sie, und am Ende, wenn die Zukunft zu Ende ist, erzählen wir sie noch einmal.

Urs Widmer äussert sich zu seiner Autobiografie - "Unterwegs zum Urknall des Lebens", NZZ Nr. 164 vom 18.07.2013