Montag, August 26, 2024, 08:32 - BÜCHER
Beitrag von sb_admin
... meine Bücher alle nach musikalischen Prinzipien verfasst, überhaupt habe ich beim Schreiben wohl immer musikalische Strukturen und Ausdrucksweisen im Ohr. Ich arbeite in aller Unschuld, das heisst ohne gross daran zu denken, mit Tonarten, Tempi, Tempiwechseln, mit Auftakten, Ober- und Untertönen, mit Stimmen, Haupt- und Nebenstimmen, Stimmen, die sich verflechten, mit Begleitmusik und Orchestrierung, mit Phänomenen wie laut und leise - piano bis fortissimo - und mit Pausen. Ich komponiere meine Texte nach dem Muster klassischer Kompositionen in drei oder vier Sätzen wie Sonaten oder Orchesterstücke. Doch gibt es auch Passagen, die den klanglichen und rhythmischen Bildern des Jazz gehorchen, und ausserdem gibt es Anspielungen auf volkstümliche Weisen und warum nicht Gassenhauer. Ich arbeite nicht nur mit Musik, sondern auch mit Geräuschen, Geräuscheffekten; ich bilde mir ein, das kann bis zum Kreischen und bis zur Kakophonie gehen. Beitrag von sb_admin
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Überhaupt kann ich mich von der musikalischen Strömung des Sprachflusses dahintragen lassen. Ich schreibe eine Ohrensprache, ich instrumentiere beim Schreiben, meine Sprache ist mein Instrument, ich lege die Finger auf die Tastatur meiner Schreibmaschine wie der Pianist die Finger auf die Tasten des Pianos legt, ich schliesse die Augen und beginne zu spielen, das heisst, ich schlage einen Akkord an, ich stelle mich auf einen Takt ein, ich beginne mich einzuspielen, und auf einmal schlüpft ein bestimmtes musikalisches Motiv oder Thema aus diesem Improvisieren aus und wird zur Melodie und nimmt mich mit.
Aus: Paul Nizon "Die Zettel des Kuriers", Journal 1990 - 1999, Seiten 20 und 21, Verlag Suhrkamp, erste Auflage 2008
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