Mittwoch, Dezember 29, 2004, 12:31 - BÜCHER
(...) Vor Verblüffung verbrannte ich mich an einem Schluck Tee.-"Das Meer lachte" - fuhr Cechov fort, nervös das Band seines Pince-nez zwirbelnd. - Sie sind, natürlich, begeistert!.. Sie lesen also "das Meer lachte" und stocken. Sie denken, Sie stocken, weil das gut ist, weil das künstlerisch ist.
Aber nein! Sie stocken, weil Sie nicht gleich verstehen, was das soll: das Meer - und mit einem Mal lacht es?.. Das Meer lacht nicht, es weint nicht, es rauscht, es schlägt ans Ufer, es glitzert... Sehen Sie bei Tolstoj nach: die Sonne geht auf, die Sonne geht unter... die Vöglein singen... Niemand schluchzt und niemand lacht. Das ist doch gerade das Allerwichtigste - Einfachheit...
Ivan Bunin: Cechov - Erinnerungen eines Zeitgenossen. Friedenauer Presse Berlin 2004.
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