Sonntag, April 16, 2006, 21:46 - PRESSE
...auf die Frage der ZEIT: Glauben Sie immer noch daran, dass Sie mit Musik die politischen Verhältnisse beeinflussen können?Rostropowitsch: Natürlich! Musik formt das Bewusstsein, sie schafft in deiner Persönlichkeit eine ganz eigene Qualität. Ein Beispiel aus meinem Leben: Ein Freund kam zu mir und sagte: "Slawa, du weißt nicht, was mir passiert ist. Einer unserer gemeinsamen Freunde hat mich an den KGB verraten! Deshalb habe ich meinen Job verloren. Dafür werde ich ihn umbringen. Ich werde ihm niemals vergeben, und wenn ich den Rest meines Lebens im Gefängnis verbringen muss." Ich musste an diesem Abend zu einem Konzert im Konservatorium und sagte zu ihm: Komm mit. Tolle Musik, Sinfonien von Beethoven oder Brahms, ich weiß es nicht mehr genau. Danach nahm ich meinen Freund mit zu mir nach Hause, gab ihm Wodka, und das Konzert wirkte nach in seinem Kopf. Ich fragte ihn: "Wen wolltest du noch mal umbringen?" Sein Feind lebt heute noch.
Christof Siemes und Claus Spahn in der ZEIT ZEIT Nr. 15/06.April 2006: Zwei Knoten in zehn Fingern.
Ein Gespräch mit dem großen russischen Cellisten Mstislaw Rostropowitsch über seinen letzten Auftritt als Solist, über Waldimir Putin und die Macht der Musik.
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