(…) Waren Sie schon mal in Island? 
Samstag, Oktober 18, 2008, 19:53 - PRESSE
Beitrag von sb_admin
Dieses seltsame Land, das aussieht, als sei man auf dem Mond, und dessen Bewohner vom Mars zu stammen scheinen? Sind Sie verwirrt über die eine Ringstrasse gefahren, die das Land umgibt, und haben sich gedacht: Verdammt, was ist denn hier passiert, war da ein Unfall? Was machen die hier?, fragten Sie sich, wenn Sie, selten genug, auf ein Haus trafen. Und vielleicht stiegen Sie aus dem Auto und wunderten sich, dass die Bewohner des Hauses mindestens perfektes Englisch sprachen, alle deutschen Klassiker kannten, die englischen dazu, im Original gelesen, selbstverständlich, und Sie auf eine Runde Schach einluden, die sie gewannen, und erzählten, dass sie Wissenschaftler seien, aber auch Schriftsteller und Maler und Sänger. Und als Sie aufbrachen, wurde Ihnen geraten, auf die Elfen zu achten und auf die Trolle, die seien in diesem Jahr eine Plage. Und das waren sie dann auch.

Waren Sie schon mal in Island, haben einen Burger gegessen und 15 Euro dafür bezahlt und sich gedacht, verdammt, warum ist das nur so teuer? Und dann fanden Sie die Antwort: Damit nicht noch mehr von meiner Sorte kommen. Nicht noch mehr Touristen, die dem Land das nehmen würden, was es ausmacht – leer zu sein. Unbequem zu sein. Zu teuer zu sein und weit ab von allem, was wir jemals gesehen haben.

Vielleicht kann sie nicht funktionieren, diese Idee, die die besten Theorien des Kommunismus mit einigen Sahnestücken des Kapitalismus zu mischen sucht. Vielleicht ist nur ein Entweder-oder möglich, was in jedem Fall furchtbar heisst.

Island hat es versucht, genauso wie die Schweiz es versucht hat, das Experiment der schönen neuen Welt: Macht alle reich, gebt ihnen die perfekte Demokratie.

Das funktioniert eine Weile, aber das Geld für alle muss ja irgendwo herkommen. In beiden Fällen von ausserhalb der seligen Inseln. Und das rächt sich. Kapitalismus rächt sich immer, der gefrässige Hund, und Kommunismus haben wir bereits von der Liste gestrichen als nicht lebbar.

Island, als es noch glaubte, damit durchzukommen, weil keiner das kleine Land beobachtete, war wie das, was kommunistische Werbeplakate ihren Bürgern versprachen, als die vielleicht noch an Werbeplakate glaubten. Es herrschte Gleichheit. Ein Volk von 320'000, die gesund schienen, nicht zwischen Geschlechtern und Status unterschieden, in dem Homosexuelle heiraten und adoptieren konnten. Es gab weder erkennbare Armut noch süffisanten Reichtum. Reich waren irgendwie alle. Und wie es kommt, wenn ein Volk ein wenig zu schlechtes Wetter hat und zu sehr miteinander verwandt ist, hatten auch alle einen hochliebenswerten Knall, dem sie ungehindert nachgehen konnten. Hierzulande erfuhren wir von Island, dass es das Land mit der prozentual höchsten Schriftstellerdichte und mit der staatlichen Elfenbeauftragten war. Was dahinter lag, war eine Welt voller Erwachsener, die nie erwachsen werden mussten, was so ungefähr der angenehmste Zustand ist, in dem sich Menschen aufhalten können.

Die meisten Isländer hatten ein mittelschweres Alkoholproblem, ohne dass man Betrunkene sah, tranken doch alle, dass einem schwindlig wurde, und dann tanzten sie in den Bars von Reykjavík, der niedlichen Hauptstadt, die fast nur aus zwei langen Strassen zu bestehen scheint und die das Verwegenste geworden war, was je einer Stadt mit nur wenig über 100'000 Einwohnern vergönnt war: ein absoluter Treffpunkt der jungen, weltweiten Kulturelite.

Deren Mitglieder waren alle verzaubert von der verwirrenden Art der Isländer, ihrer seltsamen Schönheit, ihrem Humor und der Selbstverständlichkeit, mit der sie alles auslebten, was ihnen einfiel. Sie führten nonchalant die schlechtesten Restaurants der Welt, zeigten in Kinos ausschliesslich Lavafilme, schneiderten die absurdesten Trikotagen, hatten die schicksten Häuser, und Geld war irgendwie allen egal. Wozu braucht man Geld, wenn man ein Haus hat und Spass? Die jungen Isländer malten, musizierten, machten Mode und eroberten mit ihren seltsamen Dingen die Welt. Island war stolz auf seine Helden, und hatte einer eine Ausstellung in Amerika oder Europa, einen Ballettauftritt oder ein Konzert, kam ein Viertel der Inselbewohner nach, um sie zu feiern, gesponsert von Iceland Air und der Bank, die es nun nicht mehr gibt.

In keinem westlichen Land hatte sich die Bevölkerung so stark vermehrt wie in Island. Kinder zu haben ist kein Problem, die Türen werden aufgemacht, die Kinder rausgeschickt, zu den Verwandten, den Nachbarn, Kriminalität ist kaum erwähnenswert gewesen. 1,7 Morde pro Jahr, aber meist weniger, sagt die Polizei, und warum keine Kinder haben, wenn es so einfach ist, sie gross werden zu lassen, wie auf Island. Mit Mitte 30 sind die meisten Grosseltern.

Waren Sie schon mal in Island, als es den Traum davon noch gab?

Das Land der grossen Kinder, die sich die Winter mit dem Singen von Schubert-Liedern vertrieben und selbst dann zusammenhielten, wenn sie sich nicht leiden konnten. Die Isländer arbeiteten ein bisschen überall, sie konnten ein bisschen alles, sie hatten immer genug Geld, um nicht darüber nachdenken zu müssen, um wegfliegen und wieder nach Hause zurückkehren zu können. Ungemütlicher wurde es erst, als bei der ersten Krise im letzten Jahr die Russenmafia kam, mit harten Drogen, mit Prostitution, Schwarzhandel und Gewalt, die vorher auch nur unter besoffenen Isländern eine kleine Rolle spielte.

Waren Sie schon mal in Island? (…)


Ausschnitt aus „Insel der grossen Kinder“ – Nachruf auf ein schräges und verwunschenes Land, von [Sibylle Berg], im Feuilleton der [ZEIT] Nr. 43 vom 16. Oktober 2008.

Leider war kein Link zum ZEIT-Artikel zu finden - ganz im Gegensatz zu:

[Steinunn Sigurdardóttir] im Feuilleton der NZZ Nr. 243 vom 17. Oktober 2008:
[Mit ein wenig Hilfe unserer Freunde - Island und die Bankenkrise.]
Momentaufnahme. 
Samstag, Oktober 18, 2008, 19:51 - ISLAND / ICELAND
Beitrag von sb_admin
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Zwischen Djúpavík und Krossness.
In seinen "Metamorphosen" ... 
Mittwoch, Oktober 15, 2008, 23:22 - PRESSE
Beitrag von sb_admin
... schildert der römische Dichter Ovid den Mythos von Phaeton, dem Sohn des Sonnengottes. Helios verspricht Phaeton ein Geschenk seiner Wahl. Dieser bittet darum, für einen Tag den Sonnenwagen lenken zu dürfen. Helios versucht vergeblich, seinen Sohn von dem Plan abzubringen. Als die Schicksalsnacht zu Ende geht, besteigt Phaeton den Sonnenwagen. Das mächtige Vierergespann rast los, gerät aber bald ausser Kontrolle und weicht von seiner gewohnten Bahn ab. Es kommt zur Katastrophe – die Erde geht in Flammen auf. Zeus schleudert einen seiner Blitze: Der Wagen wird zertrümmert, Phaeton stürzt in die Tiefe und kommt ums Leben.

cer. (Wien) in der NZZ Nr. 240 vom 14.10.2008
Momentaufnahme. 
Dienstag, Oktober 14, 2008, 14:28 - ISLAND / ICELAND
Beitrag von sb_admin
island oktober 2008 gross 197

Zwischen Djúpavík und Krossness.
Oktober08Vollmond. 
Dienstag, Oktober 14, 2008, 14:08 - VOLLMOND
Beitrag von sb_admin
[Guter Mond, du gehst so stille]
in den Abendwolken hin,
bist so ruhig, und ich fühle,
daß ich ohne Ruhe bin.
Traurig folgen meine Blicke
deiner stillen, heitern Bahn.
O wie hart ist mein Geschicke,
daß ich dir nicht folgen kann.

Guter Mond, dir darf ich's klagen,
was mein banges Herze kränkt,
und an wen mit bittern Klagen
die betrübte Seele denkt!
Guter Mond, du sollst es wissen,
weil du so verschwiegen bist,
warum meine Tränen fließen,
und mein Herz so traurig ist.

Dort in jenem kleinen Tale,
wo die dunklen Bäume stehn,
nah' bei jedem Wasserfalle
wirst du eine Hütte sehn!
Geh' durch Wälder, Bach und Wiesen.
Blicke sanft durch's Fenster hin,
so erblickest du Elisen,
aller Mädchen Königin.

Nicht in Gold und nicht in Seide
wirst du dieses Mädchen sehn;
nur im schlichten netten Kleide
pflegt mein Mädchen stets zu gehen.
Nicht vom Adel, nicht vom Stande,
was man sonst so hoch verehrt,
nicht von einem Ordensbande
hat mein Mädchen seinen Wert.

Nur ihr reizend gutes Herze
macht sie liebenswert bei mir;
gut im Ernste, froh im Scherze,
jeder Zug ist gut an ihr.
Ausdrucksvoll sind die Gebärden,
froh und heiter ist ihr Blick;
kurz, von ihr geliebt zu werden,
scheinet mir das größte Glück.

Mond, du Freund der reinen Triebe,
schleich' dich in ihr Kämmerlein;
sage ihr, daß ich sie liebe,
daß sie einzig und allein
mein Vergnügen, meine Freude,
meine Lust, mein alles ist,
daß ich gerne mit ihr leide,
wenn ihr Aug' in Tränen fließt.

Daß ich aber schon gebunden,
und nur, leider! zu geschwind
meine süßen Freiheitsstunden
schon für mich verschwunden sind;
und daß ich nicht ohne Sünde
lieben könne in der Welt.
Lauf' und sag's dem guten Kinde,
ob ihr dieses Lieb gefällt.

(Altes Volkslied)
Momentaufnahme. 
Montag, Oktober 13, 2008, 05:54 - ISLAND / ICELAND
Beitrag von sb_admin
island oktober 2-2008 gross 051

Nach Djúpavík - bei Isafjörður.
"Schreiben ... 
Montag, Oktober 13, 2008, 05:50 - PRESSE
Beitrag von sb_admin
... lässt sich nicht begründen. Es lässt sich nur vollziehen."

(Samuel Moser in einer Rezension über Christoph Geisers „Wenn der Mann im Mond erwacht“ – NZZ Nr. 228 vom 30.09.2008)
Momentaufnahme. 
Sonntag, Oktober 12, 2008, 10:45 - ISLAND / ICELAND
Beitrag von sb_admin
island oktober 2-2008 gross 087
... where the streets have no name ... 
Samstag, Oktober 11, 2008, 17:11 - ISLAND / ICELAND
Beitrag von sb_admin
island oktober 2-2008 gross 026

In der Zeit nach Djúpavik - weiter, durch den westlichen Teil der Westfjorde. Hier an der Landspitze Kambsnes, am Beginn des Álftafjords, vor Súdavík und Isafjörður.
HOTEL DJÚPAVÍK. 
Donnerstag, Oktober 9, 2008, 21:49 - ISLAND / ICELAND
Beitrag von sb_admin
[... wie das wohl ist, in Island, ausserhalb der drei klassischen Sommermonate? Möchte ich nur allzu gerne wissen...]

Nun - ich war stark genug, der Verführung nicht zu widerstehen...

... at the beginning of October I will be in the Westfjords, and sooner or later in Djúpavík. Please tell me - do I need a reservation for this time of the year, or can I just pass by and hop in?
Greetings from Switzerland:
a.more.s

... the only reason for booking a room in advance is that then you can rely on that we are open. We sometimes take a day or two off when the high season is over and nothing much is happening. So I think you should book a room to be on the safe side.
Best regards from Hótel Djúpavík, Iceland, Bestu kveðjur,
Eva Sigurbjörnsdóttir

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"Velkomin heim" – Durchsage im Flugzeug nach erfolgter Landung in Keflavik.

Ein kurzer Anruf – ja, Eva Sigurbjörnsdóttir & Ásbjörn Thorgilsson sind anwesend, daher geht es, nach einer Übernachtung in Reykjavík, ohne langes Überlegen gleich ab nach Djúpavík. Bei kräftigem Wind, kühlen Temperaturen (4 - 7º C), aber relativ gutem Wetter wohlgelaunt zuerst in Richtung Akranes und Borgarnes, dann auf einen Abschnitt der Ringstrasse 1, bis ich endlich die Strasse 61 erreiche, welche mir den östlichen Teil der Westfjorde erschliesst.

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Es soll Leute geben, die den Namen „Eisland“ nicht so recht begreifen wollen und Island lieber in „Grünland“ umtaufen möchten – wahrscheinlich sind das diejenigen, die nur im Sommer hier zu Besuch sind.
Jedenfalls ist von diesem üppigen Sommergrün nicht mehr viel zu sehen – braun-gelb-rötliche Farbtöne dominieren, und da – ja, Himmel noch mal, dass das denn jetzt gerade sein muss – kommt gleich auch noch die Farbe weiss hinzu… denn je weiter ich mich fortbewege, desto heftiger wird der Wind, und schon bald befinde ich mich in einem kolossalen Schneesturm. Der legt sich nach einer Weile wieder, und als ich schon denke, ich hätte das Schlimmste überstanden, setzt gleich der nächste, noch heftigere ein. Das geht die nächsten paar Stunden nun munter so weiter…

Nein - der Name "Is"-land - der geht schon in Ordnung.

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Scheinbar endlos zieht sich die Strasse durch die trotz der Schneestürme wunderbare Fjordlandschaft hin, bis ich schliesslich Hólmavík erreiche, wo ich ein letztes Mal auftanke und, wie vereinbart, telefonisch meinen aktuellen Standort nach Djúpavík durchgebe.

Kurz nach Hólmavík dann DIE Abzweigung auf die ungeteerte Strasse 643 – zwei weitere Stunden abenteuerlicher und endlos scheinender, aber nie langweiliger Fahrt durch eine abwechselnd herbstliche und winterlich-weisse Landschaft stehen mir bevor.
Die Aussentemperatur ist inzwischen unter den Nullpunkt gesunken.

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Dann ist es endlich soweit.
Von hoch oben, aber eben nicht mehr gar so weit entfernt: der hohe Kamin, diese Bucht - das muss es sein: mein Ziel.

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Und noch etwas später, es geht bereits dem Abend zu, nach der freudig-überschäumenden Begrüssung durch Tina ...

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... betrete ich das Hótel Djúpavík durch den Esssaal bzw. den Restaurant-Teil, der aber eher wie ein grosses, gemütliches Wohnzimmer aussieht; beinahe zögere ich ein wenig, weiterzugehen, wähne mich doch eher in einem privaten Raum, so viele persönliche Sachen stehen/hängen/liegen da herum; sehr unkonventionell, sehr „heimelig“ eingerichtet… auch die gleich nebenan liegende Küche sieht so gar nicht nach einer Hotelküche aus, vielmehr wie eine ganz normale, wenn auch sehr gut ausgerüstete und grosse Privatküche.

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Doch schon erscheint Eva Sigurbjörnsdóttir und führt mich in den oberen Stock, zum Zimmer Nummer sechs, dem hintersten und ruhigsten Zimmer, wie sie lächelnd anfügt – bin ich doch im Moment der einzige Gast im ganzen Hotel. Das Zimmer ist sehr einfach, sehr gemütlich - ein kleines Lavabo, zwei separate Betten, ein Schrank, ein Teppich, Nachttische und Stühle, ein knarrender Holzboden, das Fenster zum Fjord; und es ist angenehm warm...
Draussen, zuvorderst im Gang, befinden sich zwei grosse Waschräume, der rote für die Frauen, der blaue für die Männer, mit je einer Dusche, einem WC und zwei grösseren Lavabos – und einer Art Wickelbett für Kleinkinder.

Wie ich erfahre, wird für Heizung und Warmwasser elektrische Energie verwendet; in den Westfjorden sind die geothermischen Quellen und deren Nutzung weit seltener als in den übrigen Landesteilen.

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Neugierig streife ich herum – es gibt viel zu sehen in diesem Gebäude, das ursprünglich gar nicht als Hotel konzipiert war, sondern als Unterkunft für die Arbeiterinnen der Heringsfabrik: viele Photos und Bilder und Gegenstände, welche die Geschichte des Ortes dokumentieren; später zeigt mir Eva noch viel mehr – hier wird mit Akribie alles gesammelt, was mit Djúpavíks Vergangenheit zu tun hat oder in Zeitungsartikeln und Reiseführern über Djúpavík geschrieben wird.

So lese ich z.B. im [DAS MAGAZIN] (Berlin, Juni 2003, Evelyn Runge), dass ... Eva alles so schön wie möglich für die Gäste haben will, und dazu gehört auch, dass die Wäsche draussen trocknet, nicht im Trockner. „Wegen dem Duft“, sagt Eva, „es sind die kleinen Dinge, die etwas besonders machen.“ Wie die traditionell isländische Küche, der frische Fisch, die Lammspeisen, die Eva serviert...

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Im [NORDIS – das Nordeuropa-Magazin] (Jan./Feb. 1/2000; U. Willenberg) auf die Frage: „Ist es im Winter hier nicht zu einsam?“ die Antwort von Eva: „Ich fühlte mich in den grossen Wohnblöcken von Oslo und Reykjavík mehr isoliert.“

Während der Zeit, in welcher ich mich in die Geschichte des Ortes vertiefe, überhaupt während der ganzen Zeit meines Aufenthaltes hier ist Ásbjörn Thorgilsson zusammen mit einem Helfer pausenlos mit der Auswechslung der Fenster- und Türrahmen im unteren Stock beschäftigt. Zwischenhinein verschwindet er in der alten Fischfabrik und kommt nach einiger Zeit mit einem bearbeiteten oder neuen Utensil wieder zurück.

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Irgendwo habe ich über ihn in einem deutschen Zeitungsartikel gelesen, dass er oft tagelang in der alten Fischfabrik verschwinde, und niemand wisse so recht, was er dort genau treibe. Nach einer Führung durch die permanente Ausstellung und – zusätzlich, und grosszügigerweise – durch das Labyrinth der Fabrikhallen weiss ich nun sehr wohl um dieses „geheimnisvolle Treiben“, welches ich aber hier nicht verrate.
Fortan ist Ásbjörn jedenfalls für mich der Mann mit den goldenen Händen, und Eva die Frau mit dem goldenen Herzen – wobei ich aber auch das Umgekehrte überhaupt nicht ausschliessen möchte…

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Ja, die alte Fischfabrik – ein wirklich sehr eindrücklicher Bau mit einer bewegten Vergangenheit.
Zuerst war man nahe daran, Sanierungsgedanken ernüchtert fallen zu lassen: zu teuer.
Doch inzwischen haben Eva & Ásbjörn sowie freiwillige Helfer, Idealisten allesamt, damit begonnen, häppchenweise, in kleinen Schritten, die dringendsten Sanierungsarbeiten an die Hand zu nehmen: die Fenster auswechseln – das Dach abdichten – die Mauern ausbessern, etc.

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Beim sehr reichhaltigen Frühstück, dem man in keiner Weise ansieht, dass da im Moment nur ein einziger Hotelgast anwesend ist (da könnten ebensogut noch gleich mindestens 10 weitere Personen Platz nehmen und durchaus satt werden)... – überhaupt darf ich ganz allgemein das isländische Hotelfrühstück als überdurchschnittlich reichhaltig, wenn nicht gar üppig hervorheben; eher ein Brunch denn ein Frühstück; im Sommer habe ich oft erlebt, dass die Gäste in verschiedenen Hotels sogar ausdrücklich dazu ermuntert wurden, sich doch vom Frühstücksbüffet für den restlichen Tag einzudecken, mit Früchten, Sandwichs, etc – ... beim Frühstück also erfahre ich, dass Eva & Ásbjörn und wahrscheinlich ganz Island die halbe Nacht vor dem Fernseher verbrachten: Sie haben die ausserordentlichen Parlamentsdebatten verfolgt, in welchen – soweit ich das richtig verstanden habe - Notgesetze zur Verstaatlichung der Banken diskutiert wurden, um die von Ministerpräsident Geir Haarde befürchtete Gefahr eines nationalen Bankrotts im Gefolge der globalen Finanzkrise abzuwenden.

Island scheint von dieser Krise besonders stark betroffen zu sein, weil sich die drei grossen Banken im Verlauf des wirtschaftlichen Hochs der letzten Jahre in extrem expansive Kreditgeschäfte eingelassen haben.

Die Isländer fürchten zudem um die lebenswichtige Benzinversorgung, „weil einfach keine Dollar da sind.“ Auch hat die isländische Krone seit einer Woche gegenüber dem Euro mehr als einen Viertel ihres Wertes verloren und erreichte ein Rekordtief von 230 Kronen je Euro. In den letzten zwölf Monaten ist der Wert der heimischen Währung um mehr als 70 Prozent gesunken.

Die Stimmung beim Frühstück ist eher gedrückt – die Finanzkrise geht den Menschen hier in dieser abgelegenen Gegend ans Lebendige.
Am Radio werden fortlaufend und aufmerksam die neusten Entwicklungen verfolgt.

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In den letzten zwei Nächten hat es weiter geschneit. Trotzdem lasse ich es mir nicht nehmen, weiter nach Norden zu fahren, nach Gjögur, Norðurfjörður – und von dort zum sagenhaften, von einer Heisswasserquelle gespiesenen Pool von Krossness, von dem es heisst, dass man von hier aus, an klareren Tagen, die Küste Grönlands sehen kann – ... und dann dorthin, wo alle Strassen enden: nach Fell und Ingolfsfjörður.
Das Bad: etwa 37º C, das ganze Jahr offen, und pure Selbst-Bedienung: kein Mensch da, kein Personal, keine Betreuung, keine Aufsicht, kein Bademeister, keine Cafeteria, nichts - nur eine Kasse und ein paar eisern zu befolgende Regeln.
Und ein überwältigendes Panorama.

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Mit einiger Mühe schaffe ich es bis nach Fell – Ingolfsfjörður jedoch, mit seiner vielversprechenden Fischfabriksruine, muss ich nach einigen vergeblichen Versuchen und zu meinem grossen Bedauern aufgeben; mein Wagen schafft das trotz Vierradantrieb nicht. Auch die anschliessende Rückfahrt nach Djúpavík gestaltet sich abenteuerlich – an der steilsten Stelle muss ich mich eine gute Viertelstunde abrackern und meinem Wagen und meinen nicht vorhandenen Islandwinter-Fahrkünsten alles abfordern, um den Übergang schliesslich doch noch, im Zeitlupentempo, zu schaffen – a.more.s am Rande der Verzweiflung.

Wie hiess es doch so verheissungsvoll im „how to drive in Iceland“: Auch ein Wagen mit Vierradantrieb ist noch keine Garantie dafür, dass man in Island überall durchkommt…

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Nun - selbst Einheimische haben da so ihre Probleme... irgendwie dann doch auch wieder beruhigend.
Jedenfalls: Gegen Abend heil zurück in Djúpavík - wie wenn in der Zwischenzeit nichts Besonderes vorgefallen wäre.

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Am letzten Tag lässt es sich Eva nicht nehmen, persönlich beim nahe gelegenen Flugplatz Gjögur anzurufen und den Schneepflug anzufordern, damit ich durch all den Neuschnee einigermassen wohlbehalten wieder aus Djúpavík wegkomme. Das dauert seine Zeit – gegen 14 Uhr verlasse ich, eskortiert vom Schneepflug und einem mächtigen Offroader, diese bemerkenswerte Gegend; und die zwei Menschen, die für diesen Ort stehen, die ihn zu ihrer Lebensaufgabe, zu ihrem Lebenswerk gemacht haben - mit sehr, sehr grossem Respekt.

Hierher werde ich wieder kommen, das weiss ich - ich weiss nur noch nicht wann.

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Unterwegs nehme ich mir vor, dass ich mir zu Hause in Bern als erstes HEIMA gleich wieder ansehen werde – bestimmt sehe ich dann vieles mit ganz andern Augen.

Und? Wie ist das nun, in Island, ausserhalb der drei klassischen Sommermonate?
Ziemlich anstrengend ist es, auch hart manchmal, immer unberechenbar, überraschend, jeder Tag ist anders - und dennoch: ein Erlebnis der besonderen Art.
Schönheit und Lebensqualität - in einer andern Dimension.

Island schenkt dir nichts - und kann dich vielleicht gerade deswegen so reich beschenken.

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Weiterführende Links:
Hotel-Homepage - [Hotel Djúpavík]
Geschichtliches - [The story of Djúpavík]
Evelyn Runge, ZEIT Nr. 27/2003 - [In fremden Betten - Hotel Djúpavík]
Claus Sterneck - [Djúpavík-Photoblog]
Der Standard vom 15.07.2007 - [Der Geist von Nummer 9]
NZZ vom 07.08.2008 - [Ein Geist in Zimmer neun]
Sigur Rós - [HEIMA-Trailer]
Flickr - [showing Djúpavík]

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