Momentaufnahme. 
Mittwoch, Januar 4, 2006, 08:37 - HANDWERK&KUNST

Markus Raetz im Kunstmuseum Bern.
Briefly Shaking. 
Mittwoch, Januar 4, 2006, 00:14 - MUSIK
Anja Garbarek.
Sehr schön!
Da - was zum Spielen! 
Dienstag, Januar 3, 2006, 19:16 - BEGEISTERUNG
Rush Hour.
Oder hier, die gute alte
Mühle.
Ich denke... 
Dienstag, Januar 3, 2006, 19:07 - GEDACHTES
... viel an die Zukunft, weil das der Ort ist, wo ich den Rest meines Lebens zubringen werde.
(Woody Allen)
BERNstadt-Ansichten. Nr. 52, vom 03.01.2006 
Dienstag, Januar 3, 2006, 18:49 - D.

Delia beim Oppenheim-Brunnen.
Herzhermetische Schreibraserei. 
Dienstag, Januar 3, 2006, 17:25 - BÜCHER
In den letzten Tagen bin ich einer kolossalen, manischen Schreib-Raserei erlegen, derjenigen von Friederike Mayröcker [und da ist so etwas Galoppierendes in mir und ich kann nicht mehr zum Stehen kommen], eigentümlich wunderbar geschrieben, herzhermetisch und absolut abgehoben… dieser atemlos-pausenlos-hektisch-repetitive und stilvolle Nicht-Stil… diese SchreibMusik, diese musik-gewordenen Worte… MagiePartikelchen über das Leben, die Liebe, das Alter, den Tod… diese radikale, berührende Offenheit… diese unbeirrteste aller unbeirrbaren Zuneigungen (wenn je ein Ausdruck [© für "unbeirrbare Zuneigung" by Frau Kaltmamsell] zutreffend war, dann dieser)…
...und dieser sonderbare Wunsch von mir, wie er nur bei den allerwenigsten und gleichzeitig - in meinen Augen - allergrossartigsten und allerliebsten Büchern aufkeimt, nämlich unbedenklich und sofort jedes einzelne Wort, jede Zeile, das ganze Buch abschreiben zu wollen, um es zu verinnerlichen, um es einen Teil von mir werden zu lassen…

"Wenn Dichten die Fähigkeit ist, im Augenblick das Simultane zu erkennen, die Trauer neben der Freude und den Zorn neben der Gelassenheit, dann ist Friederike Mayröckers Buch «Und ich schüttelte einen Liebling» grosse Poesie. Es handelt vom Leben, weil es vom Sterben handelt, und es zeigt zwei Dichter in ihrer schönsten Rolle: ganz dicht beieinander.“ (Paul Jandl, NZZ Nr. 243/18.10.2005)

Einige Ausschnitte...

***

...Und am Morgen bin ich fast auszerstande aufzustehen und am Abend habe ich ein Bedürfnis, den Tag bis zur Mitternacht zu verlängern weil ich auf einmal so viele Dinge tun möchte nämlich den Tag nicht vorzeitig beenden möchte also nicht genug kriegen kann von diesem sich dem Ende zuneigenden Tag, was mir allerdings den Beginn des nächsten Tages noch mehr erschwert.
Und ich nähere mich dem Zentrum des Schreibens und des Schreiens und es ist ein herrlich trüber Tag und dann fängt es zu regnen an und ich blicke in den Regen hinaus, und es nähert sich alles was war aber es ist nicht da, und das Alleinsein ist eine kuriose Sache, nicht wahr, eine Mischung aus Angst und Stolz, und dann folgte ein Tag dem anderen ohne dasz die Grundfragen des Lebens gelöst worden wären…

***

…wir fahren zu Mutter ins Krankenhaus, sehen sie nur einen Augenblick STERBEND, darunter in alter verschnörkelter Schrift The End Schluszeinstellung eines alten überbelichteten Films. Ich überprüfe meine mir ausweglos erscheinende Situation, komme zu dem Schlusz, wie oftmals früher auch, dasz alles so weitergehen müsse wie bisher, ausweglos, unveränderbar, ein Weiterhanteln über dem Abgrund, Absturz jederzeit zu befürchten, sage ich, niemand ist imstande, mir zu helfen, hier alles verkrustet staubbedeckt die Bücher die Tische die Löffel der Blumenstock, nichts zu machen ich kreise über dieser erbärmlichen Situation daran ist nichts zu ändern daran ist nicht zu rütteln, sage ich, im Hintergrund Keith Jarrett ich war vexiert und wie alle diese Dinge notwendiger Weise wahr sind, nicht wahr, und es gab Zeppelin Alarm und ich war wie betäubt und der Vorsatz zum Schreiben VERBRAUSTE am Ende des Pulses und Parks, und er rief rouge rouge und ich war sehr erschrocken er rief ganz laut rouge rouge, auf dem Korridor vor meiner Tür und ich begann zu weinen so war meine Gemütsbewegung und er rief noch einmal rouge rouge und ich bat ihn hereinzukommen und ich holte zwei kl. Flaschen Rotwein aus der Küche und er faszte danach ohne ein Wort zu sagen…

***

...Ich ging auf den Friedhof und ich brachte ihm fünf gelbe Rosen und ich dachte er würde sprechen zu mir, was er aber nicht tat, und ich berührte seinen Grabstein und zündete eine Kerze an und verschlosz die Laterne und verliesz den Friedhof und sagte zu mir, überall anders überall sonst bin ich ihm nahe, am wenigsten an seinem Grab, usw., was denkst du woran hast du gedacht, immer wieder die Frage zwischen uns, und EJ sagte ich denke an gar nichts ich habe an gar nichts gedacht, die blanken Minuten Stunden und halben Tage an gar nichts denken, nur so existieren bei jedem Schritt die Hoffnung ohne Sturz das eigene Quartier zu erreichen, nicht wahr, und EJ ein, zwei Jahre vor seinem Tod sich an Freunde wenden, in meiner Abwesenheit, und sagen, ihr müszt ihr beistehen, dann, wenn es soweit ist, weil er darüber mit mir nicht zu sprechen wagte, und sogleich, ich, wenn die Rede darauf kam, zu weinen begann, weil ich nicht wollte dasz er stürbe, und ebenso mit Mutter, als sie versuchte über ihren Tod mit mir zu sprechen ich immer sogleich zu weinen begann. Es gab Zeppelin Alarm und ich war wie betäubt, und ich dachte lange an ihn und dasz ich alles falsch gemacht hatte, mein ganzes Leben hatte ich alles falsch gemacht besonders was mein Verhalten EJ gegenüber betraf aber auch meine Mutter hatte ich falsch behandelt, ich wüszte jetzt viel besser was sie brauchte und wie ich ihr helfen könnte aber es war zu spät, und ich fuhr nachhause und ich hatte Jahre Jahrzehnte eben alles falsch gemacht, Jahre Jahrzehnte alles von mir weggeschoben und anderen überlassen, meine Verpflichtungen meine Obsorge sogar meine Liebe wie ich mein sentimentales Gefühl zu nennen pflegte…
Und ich habe seit einiger Zeit begonnen, am Nachmittag in ein ganz bestimmtes Kaffeehaus in der Innenstadt zu gehen und meine Lektüre dorthin mitzunehmen und meine Medikamente und meinen Blutdruckmesser und meine starke Brille die mir für Kleinstdruck angepaszt worden war und die ich jetzt auch für normalen Druck benutzte, also sehr hatten sich meine Augen verschlechtert, nicht wahr, und ich ging vor allem deshalb ins Café weil ich dort einen groszen Tisch zur Verfügung hatte auf dem ich alles ausbreiten konnte was ich zuhause nicht konnte nämlich weil ich zuhause keinen freien Tisch habe um darauf zu schreiben und Bücher auszubreiten aber manchmal, bin närrisch zum Walken, zählte ich schon die Schritte bis zum Café so müde war ich geworden und dann sasz ich an meinem Marmortisch und hatte mein Notizheft zur Hand und einen Stift und meine Lektüre und neben mir zwitscherte ein japanisches Paar und das war angenehm weil ich nicht japanisch verstehe und weil es wie Vogelsang anmutete, verstünde ich die Sprache, hätten mich die Gespräche gestört, nämlich abgelenkt, und eigentlich schreibe ich fast ununterbrochen, sage ich zu EDITH, nämlich in meinem Kopf, und EJ mit der Lichtmütze kam mir entgegen

***

…es ist neun Uhr und ich sitze in meinem Arbeitsturban und habe den zerrütteten Blick, und in meinem Schosz die Notizblättchen zwitschern, während des Schreibens während ich mich bewege während ich sitze, und es florte um mich herum und ich schüttelte einen Liebling: und ich höre Maria Callas sprechen und schluchzen, und ich nähere mich dem Zentrum des Schreibens und Schreiens, und ein Waldbrausen ohne Schuld ohne Phönix, alles rätselhaft in seiner Grundierung und Vater murmelte, das wandernde Sternenlicht….

***

…und ich sagte zu ihm, ich schlage bestimmte Wörter im „Groszen Brockhaus“ auf, nämlich ich schlage sie wieder und wieder auf, weil ich ihre Bedeutung immer wieder und wieder vergesze, und wenn ich nachgeschlagen hatte, schreibe ich das Wort auf und nehme mir vor, es an prominenter Stelle in meinem Hauswesen unterzubringen, aber ich vergesse es dann darauf und wenn das Wort irgendwann wieder auftaucht, schlage ich es erneut im „Groszen Brockhaus“ nach und ich ereifere mich dasz ich es nicht hatte auffaszen und merken können, und so geht das oftmals – aber es bleibt nicht bei diesem Wort o nein immer wieder tauchen Wörter auf, die ich nachgeschlagen und aufgeschrieben hatte und an prominenter Stelle aufgenadelt hatte, aber es hilft nicht und schlieszlich nehme ich mir vor zu resignieren, und ich lese dann über alle jene Wörter hinweg deren Bedeutung mir unbekannt ist und habe kein schlechtes Gefühl dabei sondern nehme es gelassen hin…

***

…und dann werden die Dinge die jetzt einen Platz haben keinen Platz mehr haben also herrenlos sein und alles was jetzt noch Bedeutung für uns hat wird uns dann verlassen haben, die Welt und alles was jetzt mit uns zusammenhängt, was uns so wichtig erscheint für unsere tägliche Existenz, wird plötzlich seine Wichtigkeit eingebüszt haben, nicht wahr, die Dinge um uns herum, diese leere Weinflasche auf dem Tisch, dieser Flaschenöffner, dieser Aschenbecher, dieses Buch : es wird dann ohne Bedeutung sein ja das ganze mit uns verfilzte Chaos wird aus uns, aus unserem Fleisch herausgerissen und weggeworfen werden, wird Abfall geworden sein, wertloses Zeug, und alles was uns jetzt so bedeutungsvoll so vertraut umgibt, wird weggefegt, wird verlorengegangen, wird verschwunden sein, wird sich nie wieder so zusammensetzen lassen, nicht wahr.
Und es war schon Nacht als ich die Maria Callas Platte abermals auflegte…

***

…und wenn man in einem Buch liest, steht alles still oder wenn ich zB im Sommer in Bad Ischl bin und einen Waldspaziergang mache steht auch alles still, aber wenn man nur einen Augenblick unaufmerksam ist, also zerstreut, sage ich zu EJ, vergehen die Stunden der ganze Tag sehr schnell und es vergehen alle Tage sehr schnell und auf einmal ist September und dann geht es Schlag auf Schlag und wenn einmal Allerseelen ist ist im Grunde schon das ganze Jahr vorüber, aber ich bin noch nicht dahinter gekommen, die Zeit tatsächlich still stehen zu laszen, und dann ist man nicht so beklagenswert und das wäre dann ein Gehirn Trotz, etc., …

***

...und dann legte ich abermals die Maria Callas Platte auf und dann sprach sie schluchzend auf dieser Platte und meine Nerven waren sehr aufgeregt aber weil mir diese Sequemz gegen Ende der Platte am besten gefiel, muszte ich immer fast alles abspielen, und diese tragische Arie ging mir nicht aus dem Sinn und ich hörte sie pausenlos in meinem Kopf, und dann erschien der aus mehreren Sonnen bestehende Genius mit einem schmelzenden Blumenstrausz, und die unerschöpfliche lila Farbe der Musik wehte zu mir herüber und ich konnte sie auswendig und sie verfolgte mich in den Schlaf und am nächsten Morgen wachte ich auf damit und ich sang sie innerlich, ich konnte sie nicht äuszerlich singen weil ich nicht gut singen konnte aber ich sang sie innerlich, und es waren die Flügel Rosen und die schweifende Sehnsucht was ich fühlte dabei, und kein Blatt regte sich, und wann seh ich dich wieder, sagte ich zu Ely, und ich sinke nieder und es schnürt mir den Hals und ich wischte mir das Blut aus den Haaren, und immer öfter habe ich Angst, die ganze Sprache verlernt zu haben, verloren vergessen zu haben, und das wichtigste beim Lesen ist, sagte ich zu EJ, alles sogleich zu notieren was einem auffällt, und als wäre ich unter Wasser gewesen in Sprache ertrunken, aber es rattert so vehement. Ich hatte Ende August begonnen, dieses Buch zu schreiben und jetzt ist fast Mitte April und ich weisz immer noch nicht, wie der Text enden solle, und ich dachte ich habe alles falsch gemacht und war nahe daran, aufzugeben, aber dann entschlosz ich mich noch eine Weile weiterzuschreiben, aber wenn ich kein Ende finde, was sollte ich dann tun, fragte ich mich und ich begann zu zittern vor Angst, und Bodo Hell sagt, es musz ja kein Ende haben, die Kompositionen von Morton Feldmann haben auch kein Ende, nicht wahr. ...

Friederike Mayröcker: UND ICH SCHÜTTELTE EINEN LIEBLING.
Suhrkamp, 2005. ISBN 3-518-41709-6

Journalisten... 
Dienstag, Januar 3, 2006, 17:03 - PRESSE
... des Westschweizer Wochenmagazins L'HEBDO berichten seit November 2005 täglich
im L' Hebdo Bondy Blog hautnah über die Befindlichkeit der Menschen in einer Pariser Vorstadt.
"Pour voir la France, l'Hebdo s'installe en banlieue. A Bondy plus précisément, où il a ouvert un micro bureau dans lequel se relaient ses journalistes. L'expérience va durer le temps qu'il faudra pour comprendre et raconter les maux français, les pieds dans les cités plutôt que le derrière dans les cafés du quartier latin."
Ethnologische Fundgrube.
Noch ein Vorsatz. 
Dienstag, Januar 3, 2006, 16:26 - GEDACHTES
Wieder mal mitten in eine Lupinenwiese sitzen.

Vorsatz zum neuen Jahr. 
Dienstag, Januar 3, 2006, 16:18 - HANDWERK&KUNST

Der rote Container von ZIMOUN vor der Kunsthalle dient als «Entsorgungsstelle für politische Reden».
Aus dessen Innerem ertönen via Lautsprecher Tag und Nacht Zahlen, FloskelnVersprecher, «ähms», etc.

In der Entsorgungsstelle können politische Reden getrennt nach den Bereichen 'Versprecher', 'positiv', 'negativ', 'entschlossen', 'unentschlossen', 'husten/räuspern', entsorgt werden.
Sieh dich nicht um. 
Dienstag, Januar 3, 2006, 16:15 - BÜCHER
Schnür deinen Schuh.
Jag die Hunde zurück.
Wirf die Fische ins Meer.
Lösch die Lupinen!

Es kommen härtere Tage. (I.B.)

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